Newsletter Juni 2006  

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde !

Im Mittelpunkt dieser Plenarwoche hat die Debatte über die Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 15./16. Juni in Brüssel, einschl. der nächsten Schritte der Reflexionsphase über die Europäische Verfassung gestanden.

Nach den Erklärungen der Österreichischen Präsidentschaft und der Europäischen Kommission dürfte bereits feststehen, daß die einjährige Denkpause, die die Staats- und Regierungschefs nach den negativen Verfassungsreferenden in Frankreich und in den Niederlanden vor einem Jahr verordnet hatten, zu keinem greifbaren Ergebnis geführt hat. Der Europäische Rat wird diese Woche die Reflexionsphase bis in die Deutsche Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 verlängern und hierfür weitere öffentliche Debatten anregen. Die deutsche Regierung wird allerdings wahrscheinlich keine konkreten Vorschläge bis zu den französischen Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2007 vorlegen. Die Staats- und Regierungschefs dürften sich darauf verständigen, ein wie immer geartetes Ergebnis zu dem Europäischen Verfassungsprojekt bis in das Jahr 2008 hinzuziehen.  

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben in der Debatte noch einmal inhaltlich zum Verfassungsvertrag Stellung bezogen. Das E P steht weiterhin hinter dem vorliegenden Verfassungsentwurf und verweist darauf, daß eine Verfassungsordnung zur rechtsverbindlichen Verankerung der Charta der Grundrechte, zur Festigung der europäischen demokratischen Ordnung sowie für eine handlungsfähigere und sozialere Union unerläßlich ist. Daher lehnt das E P auch jede Aufschnürung des mit dem Entwurf erreichten Gesamtkompromisses für die Fortentwicklung der Europäischen Union ab. Schließlich fordert das E P einen intensiveren Dialog mit den Bürgern sowie mit den nationalen Parlamenten, um den Verfassungsprozeß erfolgreich abschließen zu können.

Auf der Tagung des Europäischen Rates wollen sich die 25 Staats- und Regierungschefs ferner mit aktuellen Fragen der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, der Asyl- und Einwanderungspolitik, der Bekämpfung des Terrorismus und einer Europäischen Energiepolitik beschäftigen.  Es bleibt abzuwarten, ob der Europäische Rat in diesen Angelegenheiten Konkretes erreichen wird.

 

Europäische Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt

Das Europäische Parlament nahm in erster Lesung Stellung zum Kommissionsvorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt, die die unmittelbar nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 verabschiedete Sicherheits-Verordnung ersetzen soll.

Die neue Verordnung revidiert aufgrund der bisherigen Erfahrungen die Sicherheitsvorschriften auf den Flughäfen wie Personen- und Gepäckkontrollen und führt erstmals auch einheitliche Sicherheitsvorschriften für die Flugzeuge während des Fluges ein. Die Regelung der technischen Einzelheiten der Sicherheitsmaßnahmen wird bewußt auf einen Ausschuß übertragen, damit diese nicht für potentielle Attentäter öffentlich gemacht werden müssen.

Mit seinen Änderungsanträgen verfolgt das E P u.a. folgende Zielsetzungen :

1. Die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen sollen künftig nicht mehr allein von den Passagieren getragen werden, sondern auch von den Mitgliedstaaten, da die Sicherheitsmaßnahmen auf den Flughäfen der allgemeinen Gefahrenabwehr dienen. Insofern sollen die Fluggäste finanziell entlastet werden.

2. Bei Flügen innerhalb der E U sowie zwischen der EU und sicheren Drittstaaten soll ein System einer nur einmaligen Sicherheitskontrolle eingeführt werden, um zusätzliche Sicherheitskontrollen beim Umsteigen der Passagiere entfallen lassen zu können.                                    

3. Das Tragen von Waffen an Bord von Flugzeugen soll restriktiv geregelt werden, um die Gefahren für Fluggäste gering zu halten. Ebenso sollten bewaffnete Sicherheitsbeamte ("Sky Marshals") nur auf besonders gefährdeten Routen eingesetzt werden dürfen.

4. Bei der Ausarbeitung der technischen Einzelheiten für die Sicherheitsmaßnahmen sollen Vertreter der Luftfahrtindustrie beratend mitwirken, um möglichst praxisnahe Regelungen zu finden.

 

Einführung des Europäischen Zugleitsystems ERTMS

Das E P forderte mittels eines Initiativberichts die rasche Einführung des Europäischen Zugsicherungs-/ Zugsteuerungs- und Signalgebungssystems ERTMS/ETCS.

Gegenwärtig bestehen leider in der E U nebeneinander 20 unterschiedliche nationale Zugsicherungs- und Signalsysteme. Mit der Einführung des ERTMS-Systems können künftig die Personen- und Güterzüge ohne Halt die innergemeinschaftlichen Grenzen   überqueren und somit unnötige Wartezeiten an den Grenzen vermeiden. Der Schienenverkehr könnte auf diese Weise seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Straße gerade auf der langen Strecke wesentlich verbessern. Dies würde zugleich die EU-Zielsetzung unterstützen, insb. mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern.  

Aus diesem Grunde soll die E U die ERTMS-Einführung aus dem Haushaltstitel für die Transeuropäischen Verkehrsnetze unterstützen. Allerdings sind primär die Mitgliedsstaaten sowie die nationalen Schienennetzorganisationen und die nationalen Eisenbahnunternehmen gefordert, die Umstellung der Zugleitsysteme zu finanzieren. Um die zügige ERTMS-Einführung auf möglichst vielen Strecken zu ermöglichen, sollten - soweit vorhanden - die Mitgliedstaaten auch EU-Mittel aus dem Kohäsions- bzw. Regionalfonds einsetzen.