Newsletter November 2005 |
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Ein Schwerpunkt dieser Plenarwoche ist die Vorlage des Jahresberichts des Europäischen Rechnungshofs für das Haushaltsjahr 2004 durch seinen österreichischen Präsidenten Hubert Weber gewesen.
Für das Haushaltsjahr 2004 ist der Rechnungshof zu der Schlußfolgerung gelangt, daß bis auf einen Posten die konsolidierten Finanzausweise ein wahrheitsgetreues Bild der Ein- und Ausgaben für das Haushaltsjahr sowie der Finanzlage zu Jahresende vermitteln. Die neu eingeführten Überwachungs- und Kontrollsysteme würden wirksam funktionieren. Da aber in einigen Bereichen die bisherigen Überwachungs- und Kontrollsysteme noch erhebliche Fehlermöglichkeiten offen ließen, sieht sich der Rechnungshof erneut nicht in der Lage, einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk für die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Verwaltungsvorgänge zu erteilen, die den Zahlungen zugrunde lägen.
Eine der Hauptschwierigkeiten
für die Prüfungen durch den Europäischen Rechnungshof ist, daß die Zahlungen
für den Agrar- und für den Strukturhilfebereich - und damit für fast 80 % des
EU-Haushaltes - von den Mitgliedstaaten verwaltet würden. In diesen Bereichen
sieht der Europäische Rechnungshof noch erhebliche Schwachstellen, insbesondere
hinsichtlich unzureichender nationaler Kontrollen. Zur Verbesserung dieser
Situation sind drei Maßnahmen eingeleitet worden. Erstens ist bereits
hinsichtlich des größten Teils des Agrarhaushaltes ein Integriertes
Verwaltungs- und Kontrollsystem von Kommission und Mitgliedstaaten eingeführt
worden. Zweitens wird im Rahmen des so genannten Kontaktausschusses der Obersten
Rechnungskontrollbehörden der Erfahrungsaustausch zwischen dem Europäischen
Rechnungshof und den nationalen Rechnungshöfen der 25 Mitgliedstaaten
intensiviert. Drittens hat die Kommission einen neuen Vorschlag für einen
generellen Integrierten Kontrollrahmen vorgelegt, mit dem das bisher auf den
Agrarsektor beschränkte Integrierte Kontrollverfahren auf alle Formen der
Mittelbewirtschaftung, insb. hinsichtlich der mit den Mitgliedstaaten geteilten
Verwaltung, ausgeweitet werden soll.
In der Debatte über den Jahresbericht haben die Abgeordneten die Vorlage anerkennend begrüßt und darauf hingewiesen, daß sie den Bericht in seinen Einzelheiten im Haushaltskontrollausschuß sorgfältig beraten würden.
Verbesserter Sicherheits-
und Verbraucherschutz für Fluggäste
Das Europäische Parlament
beschloß in Erster Lesung eine gegenüber dem Kommissionsvorschlag abgeänderte
Fassung für eine Verordnung über die Unterrichtung von Fluggästen über die
Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens sowie den Austausch
sicherheitsrelevanter Informationen zwischen den Mitgliedstaaten. Da die
Berichterstatterin des E P die Änderungen bereits im Rahmen
eines sogenannten "informellen Vermittlungsverfahrens" mit dem Rat
abgestimmt hatte, dürfte der Rat noch im Dezember seine Zustimmung zu der E P -
Fassung der Verordnung geben, so daß die Verordnung bereits um die Jahreswende
in Kraft treten kann.
Mit dieser Verordnung wird
erreicht, daß die Europäische Union einheitlich für alle 25 Mitgliedstaaten
Start- und Landeverbote für die Fluglinien erteilen wird, die nicht die
erforderlichen Sicherheitsstandards gewährleisten. Hierzu werden die
Mitgliedstaaten verpflichtet, alle sicherheitsrelevanten Erkenntnisse über die
Fluglinien untereinander und mit der Europäischen Kommission auszutauschen und
sich auf eine gemeinschaftliche „Schwarze Liste“ zu verständigen. So wird
endlich ein einheitlicher Schutz der Passagiere vor der Gefährdung durch
unsichere Flugzeuge für alle Unionsbürger der 25 EU-Staaten gewährleistet
werden. In Zukunft soll die Europäische Flugsicherheitsagentur mit Sitz in Köln
die Europäische Kommission bei dieser Aufgabe federführend unterstützen.
Ferner werden die Fluglinien sowie die Reisebüros gleichzeitig verpflichtet, die Passagiere über einen Wechsel des vorgesehenen Fluggeräts nach der Buchung zu informieren. Sofern das neu vorgesehene Flugzeug einer Fluglinie gehört, die auf der "Schwarzen Liste" steht, kann der Fluggast von der Fluglinie, bei der er gebucht hat, verlangen, entweder vom Flug zurückzutreten und den Flugpreis zurückzuerhalten oder auf eine sichere Fluglinie umgebucht zu werden. Eine Haftung der Reisebüros ist allerdings zu Recht ausgeschlossen, da sie über den Einsatz des Fluggeräts keine Kontrolle haben.
Kompromiß über die neue
EU-Chemikalienpolitik
Das E P nahm in Erster Lesung Stellung zu dem Kommissionsvorschlag für eine Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe.
Dieser Kommissionsvorschlag
ist von zehn Fachausschüssen über Monate hin sorgfältig beraten worden, die
mehr als tausend Änderungsanträge dem Plenum vorgelegt haben. Schließlich
haben sich die Experten der christdemokratischen EVP-ED-Fraktion, der
Sozialistischen Fraktion und der Liberalen Fraktion auf einige wesentliche
Kompromisse geeinigt, die einerseits die Verbraucher vor Gefährdungen durch
chemische Stoffe schützen sollen und die andererseits die chemische Industrie
nicht mit zu aufwendigen und zu kostenintensiven Auflagen überziehen sollen.
Insbesondere wird die Registrierung für kleinere Mengen chemischer Stoffe
erleichtert und die gemeinsame Nutzung und Weitergabe von Risikoanalysen ermöglicht.
Dies bedeutet eine wesentliche Erleichterung für kleinere und mittlere
Unternehmen, die ansonsten durch die hohen von der Kommission ursprünglich
vorgesehenen Auflagen in ihrer Existenz gefährdet gewesen wären.
Da der Rat aller Voraussicht nach in den nächsten Wochen eine inhaltlich andere Fassung der REACH-Verordnung beschließen dürfte, wird dies Mitentscheidungsverfahren von Parlament und Rat noch viele Monate andauern.