Newsletter Juli 2005  

 
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde !

Im Mittelpunkt dieser Plenarwoche hat die Aussprache über die Zukunft der Europäischen Union nach den Referenden über die Verfassung in Frankreich und den Niederlanden, und zwar auch in Vorbereitung des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs am 16./17. Juni gestanden

Diese letzte Plenartagung vor der parlamentarischen Sommerpause hat weiterhin im Zeichen der internen Überlegungen des Parlaments in Reaktion auf die Tagung des Europäischen Rates in Brüssel am 16./17. Juni 2005 gestanden.

Die Staats- und Regierungschefs der 25 Mitgliedstaaten haben dabei keine klare Linie erkennen lassen, wie die Europäische Union auf den negativen Ausgang der Referenden in Frankreich und in den Niederlanden über den Europäischen Verfassungsvertrag reagieren soll. Einerseits hat die Gipfelkonferenz die Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses für gerechtfertigt erklärt, andererseits hat sie eine sog. „Denkpause“ angeregt. Inzwischen hat das Parlament von Zypern die Verfassung ratifiziert und die Volksabstimmung in Luxemburg steht unmittelbar bevor. Die Europaabgeordneten halten nichts von einer Pause im Denken, sondern fordern einen intensiven Dialog mit den Bürgern, um die Zielsetzungen und Inhalte der Verfassung den Bürgern noch deutlicher zu erläutern. Der Konstitutionelle Ausschuß des Europäischen Parlaments soll bis Ende September 2005 einen Vorschlag für die Struktur, den Zeitplan und die Zielvorgaben einer derartigen Debatte ausarbeiten.

Die Europaabgeordneten haben mit großer Enttäuschung zur Kenntnis genommen, daß der Europäische Rat sich nicht über die Finanzplanung der Europäischen Union für die Jahre 2007 bis 2013 hat einigen können. Hatte doch der Europäische Rat diese Frage vorzeitig entscheiden wollen, um seine Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Das Parlament hatte seine Position zum künftigen Finanzrahmen bereits in der letzten Plenartagung mit großer Mehrheit beschlossen. Der vom britischen Premierminister Tony Blair gestartete Angriff gegen die Agrarausgaben der Union muß als reines Ablenkungsmanöver gewertet werden, um von der geforderten Abschaffung bzw. Absenkung des inzwischen nicht mehr gerechtfertigten britischen „Rabattes“ bei den Einnahmen des EU-Haushaltes abzulenken. Allerdings verweigern sich die Europaabgeordneten keineswegs einer grundsätzlichen Debatte über die Ein- und Ausgabenstrukturen des Haushaltes der Union.

Nach seinem Verhalten auf dem Europäischen Gipfel wird es der britische Premierminister Tony Blair ziemlich schwer haben, die britische Präsidentschaft im 2. Halbjahr 2005 in vielen Sachfragen zu einem Erfolg zu führen, hat er doch sehr stark auf nationale Interessen beharrt und die gemeinsame Verantwortung für die Fortentwicklung der Union vernachlässigt.

 

Die Europäische Regional- und Strukturpolitik ab 2007

Das Europäische Parlament debattierte die Grundausrichtungen für die Jahre ab 2007 hinsichtlich des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Europäischen Kohäsionsfonds, des Europäischen Verbundes für grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowie des Europäischen Fischereifonds.

Primäre Zielsetzung dieser Europäischen Förderinstrumente ist es, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen der Union und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete und Inseln, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern. Im Grundsatz sollen Fördermaßnahmen gemeinsam aus dem Haushalt der Europäischen Union und dem nationalen Haushalt des jeweiligen Mitgliedstaates – je nach Programm mit unterschiedlichen Prozentsätzen – gefördert werden.

In Deutschland sind insb. aus dem Regionalfonds die neuen Bundesländer in den vergangenen Jahren sehr stark in ihrer Entwicklung gefördert worden. Durch den Beitritt der acht mittel- und osteuropäischen Staaten zum 1. Mai 2004 ist der Durchschnitt des Bruttonationalproduktes so weit gesunken, daß künftig weite Gebiete der neuen Bundesländer aus der Regionalförderung herausfallen würden. Da dieser statistische Effekt aber keineswegs bedeutet, daß diese deutschen Gebiete nun auf einmal „reich“ geworden sind, will auch die Mehrheit des Parlamentes, daß derartige Gebiete auch in Zukunft eine Übergangsförderung erhalten.

Im Rahmen der Neuausrichtung der Förderprogramme wird insb. angestrebt, kleinere und mittlere Unternehmen in die Umsetzung der Fördermaßnahmen effektiver einzubinden. Das neue ausgegliederte Programm für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit könnte auch gerade für Hamburg hilfreich sein, da hieraus Projekte unter EU – Staaten im Ostseeraum gefördert werden könnten.

 

Die Europäische Union und der Irak

Das Europäische Parlament diskutierte über das Engagement der Europäischen Union im Irak. Auch wenn die E U – Mitgliedstaaten hinsichtlich der Teilnahme am Irak-Krieg sehr zerstritten gewesen sind, so sind sich Kommission, Parlament und Rat jedoch nunmehr darüber einig, daß auch die Europäische Union einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung von Sicherheit und Stabilität im Irak leisten müsse.

Vorrangige Ziele für die Unterstützung durch die Europäische Union sollten der Aufbau demokratisch und rechtsstaatlich geprägter Justiz- und Polizeiinstitutionen sein. Nur so könne auch sichergestellt werden, daß die Rechte von Minderheiten und von Frauen wirksam geschützt werden. Auch wenn 31 Prozent der in die Übergangsregierung gewählten Abgeordneten weiblich sind, ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen zu wirtschaftlichen und sozialen Rechten in der Praxis des gegenwärtigen Iraks keineswegs gesichert. Vielmehr würden im Irak immer wieder so gar sogenannte Ehrenmorde stattfinden.

Schließlich forderte das E P die Ablösung der ausländischen Truppen im Irak durch eine UN-Friedenstruppe sowie die Einberufung einer unabhängigen Kommission zur Aufklärung der begangenen Verbrechen gegen die Menschenrechte.