Newsletter Juni 2005  

 
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde!

Im Mittelpunkt dieser Plenarwoche hat die Aussprache über die Zukunft der Europäischen Union nach den Referenden über die Verfassung in Frankreich und den Niederlanden, und zwar auch in Vorbereitung des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs am 16./17. Juni gestanden.

Die Debatte nach den Erklärungen des Rates durch den luxemburgischen Minister Schmitt und der Europäischen Kommission durch den Kommissionspräsidenten José Barroso hat zu keinem einheitlichen Ergebnis zu der Frage geführt, ob nach der Zustimmung zu dem Europäischen Verfassungsvertrag durch zehn Staaten und der Ablehnung durch zwei Staaten der Ratifikationsprozeß in den dreizehn weiteren Staaten fortgesetzt werden sollte. Für eine Unterbrechung des Ratifikationsprozesses ist damit argumentiert worden, daß erst einmal eine Denkpause eingelegt werden sollte; für eine Fortsetzung damit, daß vor neuen Beratungen zunächst die Meinung der verbliebenen Staaten eingeholt worden sollte. Da die Ratifizierung des Verfassungsvertrages in die Zuständigkeit und in die Verantwortung der Mitgliedstaaten fällt, sind sich alle Debattenredner zumindest darin einig gewesen, daß die Staats- und Regierungschefs sich in der nächste Woche auf eine einheitliche Linie für das weitere Vorgehen zur Europäischen Verfassung verständigen sollten.

Gleichzeitig haben fast alle Redner betont, daß das Europäische Parlament weiterhin hinter dem Verfassungsvertrag stünde und daß dieser für eine verbesserte Handlungsfähigkeit der Union sowie für ihre weitere Vertiefung und Erweiterung unbedingt erforderlich sei. Allerdings gingen die Meinungen darüber weit auseinander, ob nach den negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden der Erweiterungsprozeß unverändert fortgesetzt (so die Sozialdemokraten) oder zunächst verlangsamt werden sollte (so wir Christdemokraten).

Einig sind sich fast alle Redner darin gewesen, daß die Europäischen Institutionen den Dialog mit den Bürgern verstärken und sich noch stärker auf die wirklich wesentlichen Europäischen Aufgaben konzentrieren sollten. So haben sie auch die Staats- und Regierungschefs aufgefordert, in der nächsten Woche eine Einigung unter den 25 Staaten über die mittelfristige Finanzplanung der Union für die Jahre 2007 bis 2013 endlich zustande zu bringen (siehe zur Position des E P die Rückseite).                                                                                                                            

Mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2007 bis 2013

Das Europäische Parlament bezog auf der Grundlage eines Berichtes unseres schleswig-holsteinischen Kollegen Reimer Böge eindeutig Position für die bevorstehenden Verhandlungen mit dem Rat über die mittelfristige Finanzplanung der Union für die Jahre 2007 bis 2013.

Das E P folgte zwar im wesentlichen den Vorschlägen der Europäischen Kommission, veränderte jedoch einzelne Rubriken und kürzte die Gesamtbeträge. So soll der Gesamthaushalt der Union begrenzt werden auf 1,18 % des Bruttonationalproduktes für die Verpflichtungsermächtigungen (Kommission : 1,24 %) und auf 1,07 % für die Zahlungsermächtigungen (Kommission : 1,14 %). Weitere Kürzungen auf unter 1 % des BNP -  wie teilweise von den Mitgliedstaaten gefordert - lehnte das E P ab, da ansonsten die Aufgaben, die von Rat und Parlament der Union aufgegeben worden seien, nicht erfüllt werden könnten.

Als besondere Einzelpunkte der Position des E P seien genannt : Die Verwaltungsausgaben sollen um 10 % gekürzt werden. Die Abwicklung von Europäischen Programmen muß vereinfacht und kostengünstiger abgewickelt werden.  Einsparungen sind auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik vorzunehmen. Andererseits sollen die Ausgaben für die gemeinschaftlichen Forschungs- und Bildungsvorhaben erhöht werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Union zum Nutzen von Wachstum und Arbeitsplätze zu verbessern. Für eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres sowie der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sollen die Mittel aufgestockt werden.

Ablehnung des Mißtrauensantrages gegen die Kommission

Das Europäische Parlament lehnte mit 589 Stimmen gegen 35 Stimmen bei 35 Enthaltungen den Mißtrauensantrag von 77 Abgeordneten gegen die Kommission ab. Der Antrag der Abgeordneten unter der Führung des britischen Abgeordneten Nigel Farage von der anti-Europäischen Fraktion "Unabhängigkeit und Demokratie" war damit begründet worden, daß der Kommissionspräsident José Barroso gezwungen werden sollte, zu erklären, "wie er ein Geschenk im Wert von mehreren Tausend Euro von einem Milliardär und Geschäftsmann annehmen konnte, der dann einen Monat später von der Kommission grünes Licht für eine regionale Beihilfe in Höhe von zehn Millionen Euro erhielt". 

Da der Kommissionspräsident in der letzten Sitzung die Anwürfe bereits überzeugend zurückgewiesen hatte, wies die übergroße Mehrheit des E P den Antrag zurück, der als ein untauglicher Versuch einer Stimmungsmache gegen die Europäische Union als solche gewertet wurde.

Ausschluß des britischen Abgeordneten Roger Helmer aus der Fraktion

Mit 191 Ja-Stimmen gegen 34 Nein-Stimmen schloß die EVP-ED-Fraktion den Tory-Abgeordneten Roger Helmer aus unserer Fraktion aus. Im Unterschied zu den anderen 27 Konservativen Abgeordneten hatte Roger Helmer bereits seit Jahren stets eine anti-Europäische Haltung vertreten. Nunmehr hatte er sich auch noch vehement für den Mißtrauensantrag gegen die Kommission eingesetzt und in der Debatte hierüber die eigene Fraktion mit mehr als rüden Worten angegriffen.