Newsletter April 2005  

 
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde!

Im Zentrum dieser Plenarwoche sind die Debatten und Abstimmungen über die Anträge der Republik Bulgarien und der Republik Rumänien auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union zum 1. Januar 2007 gewesen.

Nach langen Debatten in den Fraktionen und im Europäischen Parlament sind die Abstimmungsergebnisse eindeutig ausgefallen :

Antrag Bulgariens :   522 Ja-Stimmen,   70 Nein-Stimmen und   69 Enthaltungen,

Antrag Rumäniens :   497 Ja-Stimmen,   93 Nein-Stimmen und   71 Enthaltungen.

In den Debatten haben Kommission, Rat sowie alle Abgeordneten die Auffassung vertreten, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt beide Staaten die Beitrittsvoraussetzungen insbesondere eine funktionierende Justiz- und Polizeiverwaltung, eine energische Bekämpfung der Korruption sowie die Gewährleistung der Menschen- und Minderheitenrechte noch nicht erfüllen. Doch sind Kommission, Rat und die Mehrheit des Parlamentes der Auffassung, daß die beiden Länder die Bedingungen noch rechtzeitig zum 1. Januar 2007 erfüllen werden. Zudem vertrauen sie auf eine Schutzklausel in den Verträgen, die es dem Rat - im Falle Bulgariens bei Einstimmigkeit und im Falle Rumäniens bei Qualifizierter Mehrheit - ermöglicht, gegebenenfalls je nach Situation des Landes den Beitritt um ein Jahr zu verschieben.

Nach vielen Gesprächen bin ich persönlich zu der Überzeugung gelangt, daß Rumänien die Beitrittsverhandlungen in keinem Fall bis zum 1. Januar 2007 erfüllen kann, und habe auch erhebliche Zweifel bei Bulgarien. Deshalb habe ich den Antrag Rumäniens abgelehnt und mich bei dem Antrag Bulgariens der Stimme enthalten, was eine höfliche Form der Ablehnung darstellt.

Meiner Meinung nach hätte die Entscheidung im Europäischen Parlament über die Beitritte mindestens bis zum November dieses Jahres verschoben werden müssen, um die nächsten Fortschrittsberichte der Kommission über die tatsächlichen Entwicklungen in diesen Ländern abzuwarten. So aber hat das Parlament die Entscheidung über eine mögliche Verschiebung der Beitritte in die alleinige Zuständigkeit des Rates übergeben, der bekanntlich eher "politisch" entscheidet und über Defizite bei den Beitrittsbedingungen gern hinwegsieht.

 

Neue Lenk- und Ruhezeiten im Güterkraftverkehr

Das Europäische Parlament nahm in zweiter Lesung Stellung zu den Gemeinsamen Standpunkten des Rates über eine revidierte Verordnung über Lenk- und Ruhezeiten und eine revidierte Richtlinie über deren Kontrollen.

Die wesentlichen Änderungen des Parlaments waren die folgenden : die Verlängerung der regelmäßigen täglichen Ruhezeit von mindestens 11 Stunden auf mindestens 12 Stunden, eine einfache nachvollziehbare Pausenregelung, praxisnahe Ausnahmeregelungen beispielsweise für Notdienste und Landwirtschaft, ein realistisches Datum für die Einführung des digitalen Fahrtenschreibers (zum 5. August 2006) sowie eine deutliche Erhöhung der Kontrollverpflichtungen der Mitgliedstaaten.

Mit diesen Änderungen sollen die sozialen Bedingungen der Kraftfahrer verbessert, die Wettbewerbsbedingungen zwischen den LKW-Unternehmen angeglichen sowie die Straßenverkehrssicherheit erhöht werden. Denn gerade übermüdete LKW-Fahrer verursachen viele schwere Unfälle.

Nach diesen Forderungen des E P gerade nach schärferen Kontrollen von Lenk- und Ruhezeiten wird es nunmehr zu einem schwierigen Vermittlungsverfahren mit dem Rat kommen.

Neue Anstöße für den Kurzstreckenseeverkehr

Das E P nahm einen Initiativbericht für eine stärkere Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs – im Deutsch meistens Küstenschifffahrt genannt – durch die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten an.

Das E P fordert die Rahmenbedingungen für den Kurzstreckenseeverkehr in folgender Weise schnell und wirksam zu verbessern: 1. Die Verwaltungs- und Zollverfahren dürfen nicht wie bisher komplizierter und letztlich teurer sein als beim grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr. Entsprechendes gilt für die Haftungsregelungen. 2. Die Mitgliedstaaten und komplementär die Union müssen die Verkehrsinfrastrukturen zu den und in den Häfen bedarfsgerecht ausbauen. Dies gilt entsprechend für die Förderung der elektronischen Kommunikation zwischen allen Beteiligten am Kurzstreckenseeverkehr.

Entscheidend wird es aber darauf ankommen, das neue Konzept der Meeresautobahnen in die Realität umzusetzen. Gerade der Feeder- und Fährverkehr wie z.B. in der Ostsee kann noch verstärkt werden, wenn Hafeninfrastrukturen bei bestehenden Schiffsverbindungen ausgebaut und für neue Schiffsverbindungen neu errichtet werden. Hier sind die Mitgliedsstaaten aufgefordert, unverzüglich sinnvolle und wirtschaftlich tragfähige Projekte einzureichen. Die staatlichen Fördermaßnahmen dürfen aber nicht zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber bereits bestehenden Schiffsverkehren führen.

Doch müssen die Union und die Mitgliedstaaten gleichzeitig darauf achten, daß die Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs nicht durch Tun oder Unterlassen von Mitgliedstaaten wieder ausgehöhlt wird. Denn wenn z.B. entlang der Ostsee der Warentransport per Lkw aufgrund der nicht kontrollierten Lenk- und Ruhezeiten und des preisgünstigen russischen Kraftstoffs billiger ist als der Transport über die Ostsee, sind alle Förderkonzepte letztlich wirkungslos.