Newsletter Februar 2005  

 
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde!

Die Rede des neuen Präsidenten der Ukraine, Viktor Juschtschenko, vor dem Europäischen Parlament in dieser Plenarwoche hat erneut die Frage nach den Grenzen der Europäischen Union aufgeworfen.

In seiner Rede hat sich Präsident Juschtschenko zunächst herzlich für das Engagement der Europäischen Union für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine bedankt. Die Europäische Union habe den Demokratisierungsprozess anläßlich der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine wesentlich mitbeeinflußt. Sodann hat sich Präsident Juschtschenko mit Verve für eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union ausgesprochen. Auch wenn der Ukraine noch ein langer Reformprozess bevorstehe, so strebe die Ukraine den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union für das Jahr 2007 an.

Hinsichtlich des Beitrittswunsches verwies Präsident Juschtschenko auch auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Januar diesen Jahres.  Darin hatte das Parlament Rat, Kommission und Mitgliedsstaaten aufgefordert, "neben den Maßnahmen des Aktionsplans im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik weitere Formen der Assoziierung mit der Ukraine zu erwägen und dem Land eine klare europäische Perspektive zu geben sowie den von der großen Mehrheit des ukrainischen Volkes an den Tag gelegten Erwartungen zu entsprechen, wobei möglicherweise am Ende der Beitritt des Landes zur Union stehen kann".

Unabhängig davon, daß schon aus praktischen Gründen in keinem Fall Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine im Jahre 2007 aufgenommen werden könnten, dürfte zumindest eine Mehrheit in der EVP-ED-Fraktion - entgegen einer Mehrheit im Europäischen Parlament - eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Union ablehnen, da eine solche Mitgliedschaft die Grenzen der Handlungsfähigkeit der Union überschreiten und die Union als politische Gemeinschaft überfordern würde. 

Diese Haltung unserer Fraktion steht keineswegs im Widerspruch zu der Tatsache, dass der Vorstand der Europäischen Volkspartei vorigen Monat dem Wahlbündnis von Präsident Juschtschenko den Beobachterstatus im Rahmen der EVP zugebilligt hat.

Neue Führerschein-Richtlinie

Das Europäische Parlament nahm in erster Lesung Stellung zu dem Richtlinienvorschlag der Kommission über den Führerschein, die sogenannte Dritte Führerschein-Richtlinie. Mit dieser Richtlinie für einen künftigen einheitlichen Europäischen Führerschein (im neuen Scheckkartenformat) soll die praktische Freizügigkeit der Unionsbürger erleichtert und die Verkehrssicherheit verbessert werden.

Auf der Grundlage eines Berichts unseres deutschsprachigen belgischen Fraktionskollegen Mathieu Grosch hat das E P eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen, insb. bürgerfreundliche Regelungen für das Fahren mit Caravananhängern und Wohnmobilen beschlossen. Ferner hat das E P präzisere Vorschläge zur besseren Bekämpfung des sogenannten Führerschein-Tourismus angenommen. Denn es kann im Sinne der Verkehrssicherheit nicht geduldet werden, daß ein Bürger, dem zu Recht der Führerschein in einem EU-Land entzogen worden ist, im Nachbarland sogleich einen neuen Führerschein erlangen kann.

Entgegen den Anträgen der EVP-ED-Fraktion hat eine E P - Mehrheit aus Sozialisten, Grünen und Liberalen allerdings einen obligatorischen Umtausch aller bisherigen Führerscheine in den nächsten Jahren sowie künftig die Begrenzung der Gültigkeitsdauer der Führerscheindokumente auf zehn Jahre beschlossen. Aus unserer Sicht dient ein Zwangsumtausch der bisherigen Führerscheine aber keineswegs der Verkehrssicherheit, allenfalls einfacherer Kontrollmöglichkeiten durch die Polizei. Doch steht letzteres in keinem vernünftigen Verhältnis zu der Belastung der Bürger mit Kosten und Zeitaufwand für den Umtausch. Allein in Deutschland müssten danach mehr als 30 Millionen Bürger ihre Führerscheine umtauschen. Auch eine zeitliche Begrenzung der Gültigkeit der Führerscheindokumente führt nicht zu mehr Verkehrssicherheit, sondern belastet nur den Bürger wiederum mit Kosten und Mühen.

Es ist zu hoffen, dass der Rat weiterhin gegen einen Zwangsumtausch der Führerscheine ist und dass zumindest diese Bestimmung im Vermittlungsverfahren zwischen Parlament und Rat fällt.

Schärfere Sanktionen gegen Meeresverschmutzungen

Das Europäische Parlament hat auf der Basis eines informellen Vermittlungsverfahrens mit dem Rat eine endgültige Fassung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße beschlossen.

Nicht Schiffskatastrophen, sondern das illegale Ablassen von Öl und sonstigen Rückständen von Schiffen verursacht die katastrophale Verschmutzung unserer Meere. Deshalb hat das  E P darauf gedrungen, daß derartige Einleitungen von Schadstoffen nicht als bloße Verstöße, sondern als Straftatbestände bewertet und geahndet werden, wenn sie auf Vorsätzlichkeit oder grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sind. Ferner hat das E P gegen die ursprüngliche Auffassung des Rates durchgesetzt, daß die Kommission eine Durchführbarkeitsstudie zur Schaffung einer Europäischen Küstenwache zur Verhütung von und Maßnahmen gegen Meeresverschmutzungen erstellen soll.