Newsletter September 2003  

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde !

Einen Schwerpunkt dieser Plenarwoche hat die Aussprache über den Mitte Juli fertiggestellten Entwurf des Vertrags für eine Verfassung für Europa gebildet, den der Präsident des Europäischen Konvents, der frühere französische Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing, dem Europäischen Parlament vorgestellt hat.

Die Fraktionsvorsitzenden haben dem Präsidenten und den Mitgliedern des Konvents für die hervorragende Arbeit gedankt. Zwar seien nicht alle Forderungen des Europäischen Parlaments aufgenommen worden, doch stelle der Verfassungsentwurf einen vernünftigen Kompromiß der politischen Überzeugungen in den E U - Mitgliedstaaten und den Beitrittsstaaten dar. Die Fraktionsvorsitzenden haben die Mitgliedstaaten aufgefordert, diesen Kompromiß nicht wieder aufzuschnüren, sondern den Entwurf des Konvents auf der im Oktober beginnenden Regierungskonferenz im wesentlichen als Vertrag für die Ratifikation durch die Mitgliedstaaten zu übernehmen.  Die Regierungskonferenz sollte sich dabei von den drei Grundsätzen leiten lassen " verbessern - ja, vervollständigen - ja, in Frage stellen - nein".

Die Vertreter der italienischen Präsidentschaft, der stellv. Regierungschef Gianfranco Fini und der Außenminister Franco Frattini, haben sich dieser Auffassung grundsätzlich angeschlossen. Die amtierende Ratspräsidentschaft wolle die Regierungskonferenz bis zum Dezember diesen Jahres zum Abschluß bringen, den Konventsentwurf respektieren und die noch unter den Regierungen strittigen Fragen wie die, in welchen Fällen im Rat die Einstimmigkeit erhalten bleiben sollte, endgültig klären. Doch dürfe es keinen Rückschritt bei der Stärkung der Handlungsfähigkeit der Union gegenüber dem Konventsentwurf geben. Die Präsidentschaft werde auch die Forderung unterstützen, die Vertreter des Europäischen Parlaments, der Kommission und des Konvents an der Regierungskonferenz teilnehmen zu lassen.

 

Diskriminierungsfreier Seeverkehr zwischen der EU und China

Das Europäische Parlament billigte den Abschluß des Seeverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Volksrepublik China andererseits.

Dieses Abkommen regelt nicht nur den internationalen Seefrachtverkehr einschließlich des damit verbundenen multimodalen Verkehrs, sondern gewährleistet auch, daß hundertprozentige Tochtergesellschaften der Schiffahrtsunternehmen im jeweils anderen Vertragsland gegründet werden können, die u.a. berechtigt sind, Führungspersonal ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit zu beschäftigen. Dies bedeutet zugleich einen wesentlichen Zugewinn an Rechtssicherheit für die Europäischen Schiffahrtsunternehmen, da sich gerade die örtlichen Behörden der Volksrepublik China in der Praxis erst allmählich den allgemeinen Regeln der internationalen Wirtschaftsbeziehungen öffnen.

Das E P rief die Europäische Kommission auf, die zügige und korrekte Umsetzung dieses Abkommens in der Praxis zu überprüfen und sicherzustellen. Dies gelte insbesondere für die diskriminierungsfreie Nutzung der Hafeninfrastrukturen und der maritimen Hilfsdienste für Europäische Reedereien in den chinesischen Häfen. Ferner dürften die Europäischen Schiffahrtsunternehmen auch hinsichtlich der zu entrichtenden Abgaben und Gebühren sowie hinsichtlich der Zollformalitäten auch in der Praxis nicht benachteiligt werden. Das E P appellierte an die Europäischen Schiffahrtsunternehmen, jede Art der Diskriminierung der Kommission zu melden, damit die Kommission Benachteiligungen nachgehen und deren Beseitigung von der Zentralregierung Chinas einfordern könne.

 

Eindeutiger Rechtsrahmen für Luftverkehrsabkommen

Das Europäische Parlament nahm in erster Lesung Stellung zu dem Vorschlag für eine Verordnung über die Aushandlung und Durchführung von Luftverkehrsabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten. Mit dieser Verordnung und anderen Rechtsakten soll das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 5. November 2002 über die eigenständige Außenkompetenz der Kommission in wesentlichen Teilbereichen des Luftverkehrs umgesetzt und so auch faire Wettbewerbsbedingungen unter den Europäischen Fluglinien im Verhältnis zu den Drittstaaten durchgesetzt werden.

Zugleich sprach sich das E P für ein stufenweises Vorgehen bei der Neuaushandlung von Luftverkehrsabkommen mit Drittstaaten durch die Europäischen Kommission aus, damit für die Luftfahrtunternehmen, die sich fast alle in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld aufgrund des Irak-Konfliktes und der SARS-Krise gegenwärtig immer noch befinden, keine Rechtsunsicherheit entsteht und damit der Tatsache Rechnung getragen wird, daß eine gleichzeitige Neuaushandelung aller Luftverkehrsabkommen angesichts der wenigen vorhandenen Experten der Kommission weder möglich noch sinnvoll wäre. Zunächst soll die Kommission Verhandlungen über ein neues Luftverkehrsabkommen zwischen der E U und den U.S.A. zügig beginnen und erfolgreich abschließen, denn die transatlantischen Luftfahrtsbeziehungen sind die wirtschaftlich wichtigsten für unsere Europäischen Fluglinien und das neue Abkommen für einen offenen Luftverkehrsraum könnte ein Modell für die Verhandlungen mit weiteren Drittstaaten werden.